Reaktivierung der Bahnstrecke möglich – theoretisch
Seit Jahren ist die Stadtpartei federführend was Ausbau und Reaktivierungen möglicher Bahnverbindungen von und nach Bocholt betrifft. Michael Nyenhuis und Antonius Mayland können nun nach Rücksprache mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie einem auf Bahn-Angelegenheiten spezialisierten Rechtsanwalt neue Erkenntnisse vorstellen und warnen vor einem Alleingang der CDU und FDP, die die Bahnstrecken unmöglich machen könnte.
„Unsere Ziele sind klar definiert: Wir möchten wieder mit der Bahn nach Münster und Winterswijk reisen können“, sagt Michael Nyenhuis. „Gerade vor den aktuellen Entwicklungen wäre es verheerend, wenn Bocholt die sich bietenden Chancen nicht ergreift.“ Dem pflichtet auch Antonius Mayland bei: „Die Bahn-Infrastruktur soll vor dem Hintergrund steigender Passagierzahlen massiv ausgebaut werden. Der Bund hat dafür gemeinsam mit der Deutschen Bahn ein großes Investitionsprogramm aufgelegt.“
Bei der Bahntrasse nach Münster hatten die Gegner immer wieder hohe Kosten wegen neuer Gesetze als Argument aufgeführt. Nyenhuis: „Die Trassen kreuzen an mehreren Stellen mit Straßen. Bisher hieß es immer, dass die Reaktivierung mit immens hohen Kosten verbunden wäre, da an vielen Stellen Über- oder Unterführungen gebaut werden müssten.“ Das dem nicht so ist, bestätigt nun auch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Im Wortlaut heißt es da: „Wenn die Bahnstrecken nicht entwidmet und lediglich stillgelegt worden sind, können an den Eisenbahnkreuzungen weiterhin Bahnübergänge vorgesehen werden.“ Es gibt eine Stelle auf der Trasse, an der ein Bahnübergang gebraucht würde, da wo sie mit der B70 kreuzt. Nyenhuis: „An genau dieser Stelle ist die Brücke aber schon gebaut.“
Rechtsanwalt kommt zu eindeutigem Ergebnis
Zur Überprüfung, ob es sich bei dem Streckenabschnitt zwischen Bocholt und Borken um eine Entwidmung oder um eine Stilllegung handelt, wurde ein Rechtsanwalt kontaktiert. „Das Ergebnis ist eindeutig“, so Nyenhuis. Weiter sagt er: „Die Bahntrasse bis Rhedebrügge kann gebaut werden. Für das letzte Stück zwischen Rhedebrügge und Borken werden derzeit noch einige Details geklärt, aber auch hier sieht es gut aus.“
Im Übrigen hat das Bundesministerium noch eine weitere interessante Information mitgeteilt. Antonius Mayland: „Durch eine Gesetzesänderung im März 2020 werden die Kosten für den Bau von Unter- und Überführungen zu 100 Prozent vom Bund übernommen. Sollte man sich also an einigen Stellen dazu entschließen, aufgrund der Verkehrssicherheit solche Baumaßnahmen ergreifen zu wollen, kommen auf die Kommunen keine Kosten zu.“
Problematisch sieht die Stadtpartei allerdings, dass das Projekt zeitnah beerdigt werden könnte und damit der Bahnausbau in weite Ferne rücken könnte. Nyenhuis: „Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigen: Wenn die Bahn im Mobilitätskonzept nicht auftaucht, kommt sie auch nicht mehr.“ Am Mittwochabend hat der Ausschuss für Planung und Bau gegen die Stimmen der Stadtpartei, der SPD und der Linken das Moblitlitätskonzept für Bocholt verabschiedet – ohne das die Bahn darin erwähnt wird. „Es gab sieben Stimmen dafür bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung. Der Antrag, die Abstimmung zu vertagen, wurde abgelehnt“, so Nyenhuis.
„Die CDU und FDP haben dafür gestimmt und damit im Alleingang gegen alle anderen Parteien den Beschluss verabschiedet. Sie ignorieren aus Unkenntnis oder wider besseren Wissen die Bedeutung der Bahn und gefährden damit die Zukunft. Das sollten alle Wählerinnen und Wähler wissen.“ Final beschlossen wird es am 16. September in der Stadtverordnetenversammlung mit der bisher geltenden Zusammensetzung. „Studierende der Fachhochschule haben sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass es dort auch eine Bahnhaltestelle gibt. Das wurde komplett ignoriert und überhaupt nicht thematisiert“, so Nyenhuis.
Bus ist für die Stadtpartei keine Alternative
„Wir hören oft, dass doch Busse auf diesen Strecken fahren und das doch ausreichen muss“, so Nyenhuis. „Dabei gibt es einen großen Unterschied, den wir beim derzeitigem demographischen Wandel nicht vergessen sollten: Im Bus dürfen maximal ein Kinderwagen oder zwei Rollatoren mitgenommen werden. Im Zug findet ein vielfaches von beidem Platz.“ Mayland ergänzt: „Vor dem Hintergrund steigender Passagierzahlen im Rentenalter ist es auch wichtig, das zu berücksichtigen.“ Außerdem können im Bus keine Fahrräder mitgenommen werden – im Zug schon.
Auch mit Blick auf die Klimaveränderungen ist die Bahn unschlagbar. „Eine Studie aus 2018 zeigt, dass die Emissionen, die ein Bus ausstößt im Vergleich zur Bahn 3,6 Mal so hoch sind“, so Mayland.
Datum: 10.09.2020 | Autor: Stadtpartei